jeudi 17 février 2011

Jenseits von Nischenklitschen und Revolutionsromantik

 Anforderungen und Grenzen emanzipatorischer Selbstorganisations- und Freiraumpraxis

Freiräume, als Teil politischer Praxis, sind in der Linken heiß umstritten.

Auf der einen Seite wird eine unmittelbare Gesellschaftsveränderung durch eigenes individuelles Verhalten angestrebt. Durch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten, über die die eigene Existenz jenseits von Markt und Staat organisiert werden soll (etwa durch Containern, Hausbesetzungen etc.), soll eine individuelle Überwindung der kapitalistischen Zwänge erreicht werden. Dass diese Vorstellung, der Ausstieg aus der kapitalistischen Verwertungslogik könne allein durch Containern vollzogen werden, sehr schnell an ihre Grenzen stößt, wird deutlich, wenn mensch sich die Bedingungen ansieht, unter denen die weggeworfenen und containerten spanischen Tomaten von prekarisierten Migrant*Innen geerntet werden.
Auf der anderen Seite lehnen Leute Freiraumkonzepte ab, da sie diese nur als Projekte begreifen, die die gesamtgesellschaftliche Situation nicht verändern. Eine „wirkliche“ Veränderung sei nur durch eine schlagartig vollzogene Aktion möglich, welche die Gesellschaft als Ganzes überwindet. Eine solche Umwälzung würden sie dann Revolution nennen. Aktivist*innen, die sich in Freiraumprojekten engagieren, wird von dieser Position aus vorgeworfen, eine Praxis ohne Theorie, oder im besseren Falle noch eine Praxis wider die Theorie zu machen. Sie würden sich aus der wirklich wichtigen, revolutionären Praxis herausziehen.
Das mit der Revolution ist allerdings nicht ganz so einfach, wie viele lange Zeit gedacht haben. Nicht nur mutet das Bild aus dem 19. Jahrhundert, in dem ein Haufen kühner Recken mit dem Gewehr im Anschlag das Rathaus stürmt, um dann im Anschluss an erfolgreich vorgenommene Liquidierungen die neue Fahne zu hissen, anachronistisch an. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie sich Denken und Verhalten von Menschen grundlegend innerhalb eines Tages verändern sollen. Bis in die 1970er Jahre war dieses Bild vom heroischen Freiheitskämpfer in der Linken dominant. Auch heute noch zeugen "Che Guevara"-Shirts und ein unsäglicher autonomer Militanzfetisch von dieser recht simplen Sicht auf die Welt, in der Gut und Böse sich auf zwei sauber getrennten Seiten der Barrikade aufstellen und um das Wohl und Wehe der Welt kämpfen.
Eine Praxis, die auf gesellschaftliche Veränderungen zielt, muss daher die Beschränktheit beider Positionen berücksichtigen, ohne die berechtigte Kritik an der jeweils entgegengesetzten Position auszusetzen. Einen Versuch, die Umrisse einer solchen Position zu skizzieren und erste Implikationen für alternative linke Praxis anzureißen, legen wir hiermit vor.

 „Alles für alle und zwar umsonst“

... ist leichter gesagt als getan. Oder kannst Du Dir vor­ stellen, wie das funktionieren soll? Zu viel, was da vorher geklärt werden müsste. Wo es herkommt beispielsweise, dies „alles“, wo und wie es produziert wird. Oder wie kommt es von dort zu Dir? Und wie zur Henkerin kommt die unüberschaubare Masse von Vorprodukten an den Ort, an dem das, was Du brauchst, letztendlich hergestellt wird? Und sowieso, warum sollte jemensch diese Vorprodukte überhaupt produzieren? Braucht es da nicht vielfältige Ab­ sprachen und Vereinbarungen? Fragen über Fragen.
Und so scheint es dann oberflächlich betrachtet doch eher unwahrscheinlich, dass sich so etwas wie „Alles für al­ le“ mal umsetzen ließe – von den Problemen, mit herrschen­ den Verhältnissen und der gesellschaftlichen Marginalisie­ rung emanzipatorischer Kräfte konfrontiert zu sein, mal ganz abgesehen. Was dieses pessimistische Bild richtig be­ nennt, ist zunächst einmal, dass "Alles für alle" sicherlich nicht als Sprung ins kalte Wasser funktionieren wird. Wir können nicht von jetzt auf gleich aus der falschen Gesell­ schaft aussteigen, um dann "im Kommunismus" alles richtig zu machen, was sich eben von alleine ergeben würde und ir­ gendwie auf der Hand läge.

Broschüre als PDF herunterladen:

http://www.180-grad.tk

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